Videokontrollen am Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber – zulässig?

Videoaufnahmen am Arbeitsplatz stellen einen Eingriff in den verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Sie erfüllen zudem den Tatbestand der Datenerhebungen und fallen damit in den Schutzbereich der europäischen Datenschutzgrundverordnung, die unmittelbar und direkt gilt, wenn auch als europäisches Recht, somit für alle deutsche Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber. In dieses Grundrecht darf der Arbeitgeber nur eingreifen, wenn der Eingriff geeignet, erforderlich und angemessen ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Als Kontrollmaßnahmen sind sie wegen des dadurch bewirkten Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer nur erlaubt, wenn gegen den Betroffenen der durch konkrete Tatsachen begründete Anfangsverdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht. Der Arbeitgeber darf also nicht „ins Blaue hinein“ eine Videokamera in den Produktionsräumen/Arbeitsräumen installieren, soweit er damit seine Mitarbeiter identifizierbar aufnimmt, ohne damit einen sachlich begründeten Zweck zu verfolgen. Werden die Arbeitnehmer in öffentlich zugänglichen Räumen beobachtet, ist § 4 Abs. 1 BDSG zu beachten. Nach dieser Vorschrift bleibt eine heimliche Überwachung dann zulässig, wenn dies erforderlich ist und keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Betroffenen ersichtlich sind. Nur wenn es kein milderes Mittel zur Aufklärung eines gegen Beschäftigte bestehenden Verdachts einer Straftat als eine verdeckte Videoüberwachung gibt, die auch andere Arbeitnehmer erfasst, gilt der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht auch der nicht betroffenen Arbeitnehmer als gerechtfertigt. Sie ist dann auch zugleich nach dem Bundesdatenschutzgesetz zulässig, so jedenfalls das Bundearbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 27.07.2017 – 2 AZR 681/16. Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Vorgaben, führt dies dazu, dass er die ihm über die Videoaufnahmen bekannt gewordenen Erkenntnisse nicht oder nur eingeschränkt nutzen kann, soweit er diese zum Anlass einer Abmahnung oder einer Kündigung nehmen will, da insoweit ein Beweisverwertungsverbot drohen kann. Der gebotene Schutz der Arbeitnehmer vor einer unzulässigen Informationsgewinnung durch heimliche Videoüberwachung kann es erfordern, so gewonnene Erkenntnisse unberücksichtigt zu lassen, wenn durch die gerichtliche Entscheidung der Verstoß perpetuiert würde (BAG 16.12.2010 – 2 AZR 485/08). Arbeitgeber müssen zudem beachten, dass, soweit in ihrem Betrieb ein Betriebsrat existiert, die Kontrolle von Arbeitnehmern Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats betroffen sein können. Im Zweifel: Fachanwaltlichen Rat einholen.

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Dr. Frank-Walter Hülsenbeck
Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mediator
Tel. (0331) 620 30 60

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