Baumangel „Ja“ oder „Nein“

Vielfach besteht ein Mißverständnis darüber, ob ein Baumangel besteht oder nicht. Hier versagen vielfach sogar die Bausachverständigen. Selbst Gerichtssachverständige sind vielfach nicht in der Lage, präzise zu erklären, ob und inwiefern das Bauwerk an einem konkreten Baumangel leidet oder nicht. Dies liegt vielfach daran, dass die gesetzliche Definition mißverstanden wird. Ein Gericht hat einen Mangel festzustellen, wenn die vertraglich vereinbarte Ausführung (sogenannte Sollbeschaffenheit) nicht mit der tatsächlichen Ausführung (Istbeschaffenheit) identisch ist. Ein Mangel liegt vor, wenn somit die vertraglich vereinbarte Sollbeschaffenheit nicht hergestellt worden ist. Hierbei kommt es noch nicht einmal darauf an – und dies ist wichtig -, ob die Abweichung für den Bauherrn besonders nachteilig ist oder nicht. Darauf stellt das Gesetz nicht ab! Vereinbaren – beispielhaft – die Parteien die Herstellung eines Kellers als „weiße Wanne“ und wird entgegen dieser Vereinbarung der Keller andersartig, jedoch ebenfalls wasserdicht ausgeführt, so entspricht die gesamte Kellerherstellung nicht der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit. Der Keller ist damit mangelhaft. Es kommt hiermit nicht darauf an, ob der konkret ausgeführte Keller Feuchtigkeit/Wasser durchläßt oder nicht. Entscheidend für das Vorliegen des Mangels ist lediglich eine andere Ausführungsart, die eben nicht vertraglich vereinbart war. Vielfach machen Sachverständige an dieser Stelle den Fehler zu prüfen, ob etwa die Ausführung nachteilig ist. Oft stellen sie fest, dass die Ausführung nicht nachteilig ist und deswegen ein Mangel nicht vorliege. Diese Feststellung ist jedoch falsch!

In den Fällen, in denen eine vertragliche Vereinbarung für eine bestimmte Ausführungsart oder Beschaffenheit nicht existent ist, gelten als Mindestanforderungen die anerkannten Regeln der Technik bzw., sofern schriftlich niedergelegt, die DIN-Bestimmungen. Sie sagen dann, wie die konkrete Ausführung auszusehen hat. Wird hiergegen verstoßen, liegt ebenfalls ein Mangel vor, auch dann, wenn die Parteien eine vertragliche Beschaffenheitsangabe nicht vorgenommen haben, wie es vielfach der Fall ist. Der Sachverständige hat dann zu prüfen, ob die Ausführungen den DIN-Bestimmungen oder zumindest den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Hier werden durch Sachverständigen, auch durch Gerichtssachverständige, vielfach erneut Fehler gemacht. Sie bleiben hier nicht präzise, sondern stellen wiederum darauf ab, ob negative Erscheinungen, sogenannte Mangelsymptome, sichtbar geworden sind. Vielfach stellen sie dann fest, dass sie Nachteile nicht erkennen können und deshalb ein Mangel nicht vorliegt. Dies ist ein ständig auftretender Fehler in der Sachverständigenbeurteilung. Die Sachverständigen dürfen nicht darauf abstellen, ob sich die regelwidrige Ausführung schon in bestimmten Mängelsymptomen (z. B. Feuchtigkeitserscheinungen) niedergeschlagen hat oder, ob derartige Symptome schon ersichtlich sind. Auch dann, wenn keine Mängelsymptome ersichtlich sind, ist bei einem Regelverstoß ein Mangel gegeben. Beispiel: Ist der Keller z. B. nicht ausreichend gegen Feuchtigkeit, z. B. durch eine ausreichende Betumenabdichtung/-dicke hergestellt worden, ist aber ein Wassereintritt nirgends im Keller erkennbar, so ist dennoch die Kellerabdichtung mangelhaft. In einem solchen Fall muß die gesamte Kellerabdichtung erneuert werden, auch wenn nirgendwo Wasser in das Gebäude eintritt! Es kommt eben nicht auf die nach außen hervortretenden Mängelerscheinungen an, sondern allein darauf, ob die Ausführung – als solche – vertragswidrig oder regelwidrig erfolgte.

Es macht daher in jedem Fall Sinn, vor einer Abnahme des Bauvorhabens, auch dann, wenn Mängel gar nicht ersichtlich sind (noch nicht ersichtlich sind), das Bauwerk insgesamt auf Mängel und Regelwidrigkeiten zu überprüfen. Es kann nur angeraten werden, sich mit einem Baufachanwalt in Verbindung zu setzen. Wählen Sie hier nicht irgendeinen Baubegleiter oder Gutachter aus, holen Sie vielmehr vorher den Rat des Baufachanwaltes ein. Aufgrund seiner umfassenden Erfahrungen wird dieser den richtigen Weg und auch die erfahrungsgemäß richtige Benennung des Sachverständigen, nach vorheriger Prüfung der Sach- und Rechtslage vornehmen. Nach wie vor ist ein Bauherr dann auf sicherer Seite, wenn er generell sein Bauvorhaben sowie dessen Begleitung in die Hände des Baufachanwaltes legt. Die Kosten des Rechtsanwalts und die Kosten eines geeigneten Bausachverständigen sind nun einmal – vernünftige – Kosten, die für eine fachgerechte Herstellung eines Bauwerkes keinesfalls eingespart werden sollten.

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Dr. Andreas M. Teubner
Bau- und Architektenrecht
Tel. (0331) 620 30 60

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